Bildung hat im Landkreis Bernkastel-Wittlich Vorfahrt
Landrätin Beate Läsch-Weber stellte dem Kreistag des Landkreises Bernkastel-Wittlich in seiner letzten Sitzung des Jahres 2008 den Kreishaushalt 2009 vor. Er fand mit 22 Ja-Stimmen, 14 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen die Zustimmung der Mehrheit des Kreistages.
Die Zahlen in dem 500 Seiten starken Produkthaushalt 2009 sprachen eine klare Sprache: Ein Fehlbetrag im Ergebnishaushalt von 2,29 Mio. Euro, ein Liquiditätskreditbedarf von 25 Mio. Euro und eine Netto-Neuverschuldung bei den Investitionskrediten im Finanzhaushalt in Höhe von 7,05 Mio. Euro bei einem Schuldenstand Ende 2009 von 57,1 Mio. Euro belegen die besorgniserregende finanzielle Situation des Landkreises Bernkastel-Wittlich. Doch mit diesem Problem steht der Kreis nicht alleine da. Nach Angaben des Landkreistages Rheinland-Pfalz belaufen sich die jährlichen Defizite der rheinland-pfälzischen Kreise trotz gestiegener Steuereinnahmen der kreisangehörigen Gemeinden und höherer Kreisumlagesätze auf 130 bis 150 Mio. Euro.
Die Summe der im System der Doppik als Liquiditätskredite bezeichneten Schulden der Kreise belief sich Mitte 2008 auf 740 Mio. Euro. Das allein bedeutet eine Zinsbelastung von 30 Mio. Euro, die für die Bürgerinnen und Bürger unwiederbringlich verloren sind. Ein Grund für diese Situation sei unter anderem die fehlende aufgabenangemessene Finanzausstattung der Landkreise. So herrsche bei den Kreisen mit ihrem immensen und ständig steigenden Aufgabenspektrum eine strukturelle Unterfinanzierung vor.
„Das muss aufhören“, appellierte Landrätin Beate Läsch-Weber in ihrer Haushaltsrede und forderte eine angemessene Finanzausstattung im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs des Landes. Seit 2003 hat sich die Haushaltssituation des Landkreises dramatisch verschlechtert. Zusätzliche, auf die Landkreise übertragene Aufgaben verbunden mit einem starken Anstieg der Kosten in den Bereichen Jugend und Familie sowie Soziales und Eingliederungshilfe haben die Aufwandsseite des Landkreises erheblich belastet. Die Ertragsentwicklung des Landkreises hat damit jedoch in keinster Weise Schritt gehalten. Vielmehr sind die Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich im gleichen Zeitraum zurückgegangen. Die durch die Kommunen aufzubringende Kreisumlage hat demgegenüber, auch durch Erhöhung des Kreisumlagesatzes, erheblich zugenommen. Der Landkreis hat auch für 2009 der Forderung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier nach Erhöhung des Kreisumlagesatzes Rechnung getragen. Zwar lässt die beschlossene Erhöhung des Umlagesatzes auf landesdurchschnittliche 39,3 %-Punkte den Landkreis ein Umlageaufkommen von 38,1 Mio. Euro erwarten, jedoch reicht dieses gerade einmal, um 90,23 % der Ausgaben für den Bereich Soziales und Jugend zu decken.
Trotz der unbefriedigenden Finanzausstattung ist der Landkreis Bernkastel-Wittlich für die Zukunft gut aufgestellt. „Wir haben gemeinsam viel erreicht“, betonte Landrätin Läsch-Weber und wies auf die wichtigen Schritte zur Verbesserung des Kinderschutzes, zur Stärkung der Familien, zur Förderung des sozialen Miteinanders der Generationen und Kulturen, zur Verbesserung der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben, zur Gesundheitsförderung, zur Stärkung sozialräumlicher Pflegestrukturen und zur Weiterentwicklung des Ehrenamtes hin. Zudem habe durch die Reduzierung der Abfallgebühren eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger stattgefunden.
Weiter wies die Landrätin darauf hin, dass der Landkreis Bernkastel-Wittlich nicht nur wirtschaftlich stark, sondern auch bildungsfreundlich sei. Bildung sei das Mega-Thema, das Zukunftsthema unserer Gesellschaft, betonte die Landrätin und zitierte John F. Kennedy: „Es gibt nur eine Sache auf der Welt, die teurer ist als Bildung – keine Bildung“. Deshalb wird der Kreis seine Investitionen in Bildung nach einer erheblichen Steigerung von 2007 auf 2008 im Haushaltsjahr 2009 noch einmal verdoppeln. Insgesamt 26,06 Mio. Euro beträgt das Finanzierungsvolumen für die kreiseigenen Schulen einschließlich Schulbudgets, Multimedia-, Sanierungs- und Investitionsmaßnahmen. Neben einer Verbesserung der räumlichen Ressourcen soll auch die Sachausstattung an den Schulen optimiert werden. Und schließlich stellte die Landrätin mit einem Verweis auf die vom Kreistag bereits in seiner Sitzung 29. September 2008 beschlossene Schulentwicklungsplanung klar: „Bildung hat im Landkreis Bernkastel-Wittlich Vorfahrt!“
Stellungnahmen der Fraktionen des Kreistags zum Haushalt 2009
CDU
Das bestimmende Thema der Haushaltsberatungen sind unsere Schulen und deren Zukunft. Der Landkreis wird in diesem Bereich im kommenden Jahr rd. 16,3 Mio Euro investieren, um unsere Schulinfrastruktur fit für die Zukunft zu machen. Dass wir erneut den Haushalt nicht ausgleichen, liegt an der miserablen Entwicklung der Finanzzuweisungen. Das operative Defizit wird in diesem Jahr zwar bei rd. 3,1 Mio. Euro liegen, die Kreisumlage mit rd. 38 Mio. Euro, ihren Höchststand erreichen, die Schlüsselzuweisungen des Landes aber im langjährigen Vergleich, auf das niedrigste Niveau der letzten 10 Jahre sinken. Dieses strukturelle Defizit lässt sich nicht auflösen, wenn nicht eine angemessene Finanzausstattung durch Bund und Land erfolgt. Die Zuweisungen aus Mainz halten mit wachsenden Pflichtaufgaben schon lange nicht mehr Stand. Das Defizit im operativen Bereich wäre ohne die von uns für das kommende Jahr vorgesehene Veräußerung von RWE Stammaktien aus dem Besitz der Kreismusikschule um 3,4 Mio. Euro höher ausgefallen. Die mittelfristige Finanzplanung des Landkreises zeigt, dass wir in den kommenden fünf Jahren ein durchschnittliches Defizit von rd. 5 Mio. Euro aufweisen werden. Dies ist um so dramatischer, wenn man bedenkt, dass unser in der Bilanz ausgewiesenes Eigenkapital nur noch rd. 28 Mio. Euro ausmacht. D.h., wir werden in fünf Jahren dieses Kapital aufgebraucht haben. Wir werden auch weiterhin in den Ausbau unserer Kreisstraßen investieren, um die Mobilität unserer Menschen zu erhalten. Wir versuchen, durch diese Investitionen in die Schulen und Verkehrsinfrastruktur, Arbeitsplätze in den Unternehmen zu sichern. Diese beiden Schwerpunkte der Investitionstätigkeit lassen sich nicht ohne neue Schulden realisieren.
SPD
Der Zustand der Kreisfinanzen ist besorgniserregend, weil die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben immer weiter auseinander klafft, so Günter Rösch in seiner Haushaltsrede. Deshalb müsse einerseits gespart werden und unsinnige Beteiligungen, z.B. am Flugplatz Bitburg (mehr als 100000 Euro hat unser Kreis dort hinein gesteckt) unter-
bleiben oder unverständliche Zuschüsse vermieden werden, z.B. die 20 Euro Prämie pro geschossenem Frischling an die Jäger. Zusätzliche Einsparmöglichkeiten gäbe es auch dann, wenn Kreis, Verbandsgemeinde und Stadt besser und sinnvoller kooperieren würden. So ist es unverständlich, wenn sich alleine in Wittlich immer noch 3 Sozialämter befinden. Andererseits müsse der Kreis, gerade in konjunkturell schwieriger werdenden Zeiten, verstärkt für Investitionen sorgen. So hat die SPD-Fraktion per Antrag im Schulbereich Wege aufgezeigt, damit unverzüglich mit notwendigen Bau-, Sanierungs-, oder Renovierungsarbeiten begonnen werden kann, denn gerade unsere Kinder haben eine Recht auf moderne zeitgemäße Schulen. Mit dem Antrag am Standort Morbach eine Energieagentur zu gründen, will die SPD dafür sorgen, dass gemeinsam mit der Handwerkerschaft, Energieberatern, Architekten und Kreditinstituten folgende 3 Handlungsschwerpunkte im Vordergrund stehen sollen: Energieeinsparung, bessere Nutzung regenerativer Energien sowie professionelle und gezielte Beratung. Liebe Bürgerinnen und Bürger: Haben Sie Interesse, die gesamte SPD-Haushaltsrede, alle SPD-Anträge und weitere wichtige SPD-Beiträge der Kreistagssitzung vom 15.12.08 kennenzulernen? Dann klicken Sie bitte auf www.spd-bernkastel-wittlich.de.
FDP
Die kommunalpolitischen Strukturen, die Aufgabenzuordnungs- und Entscheidungsebenen in Rheinland-Pfalz entsprechen nicht mehr den geänderten Bedürfnissen. So hat sich der Kreishaushalt in den letzten 25 Jahren von einem Infrastruktur- zu einem sozialen Bürgerbudget gewandelt. „Jugend, Familie und Bildung“ sind darin zum kostenträchtigsten Handlungsfeld kommunaler Selbstverwaltung geworden. Die Gründe dafür sind bekannt: Veränderte Familienverhältnisse und Lebensentwürfe, Bildungsfähigkeit von Kindern und jungen Leuten sowie ein modernes Bildungs- und Schulangebot. Diese verursachen den von der FDP-Fraktion befürworteten Ausgabenschwerpunkt des Kreishaushaltes. Der Landkreis erhält für seine Aufgaben unzureichende Finanzmittel. Zum Beweis: Die eigenen Ausgabenentscheidungen des Kreistages liegen bei unter 1% des Haushaltvolumens. Die Wahrnehmung gesetzlicher Vorgaben zwingt zu wachsender Verschuldung. Seit 2003 fand dies vor dem Hintergrund sprudelnder Steuerquellen statt. Diese guten Zeiten wurden weder von Bund noch Land genutzt, staatliche Aufgabenzuwächse zu begrenzen und Reserven für schlechte Zeiten anzulegen. Der Kreisetat 2009 wird an der Schwelle eines Konjunktureinbruches und einer nicht länger zu verleugnenden Notwendigkeit einer Kommunal- und Funktionalreform verabschiedet. Die Sorge der FDP in dieser Zeit gilt zuvörderst Wirtschaft und Beschäftigung. Deshalb müssen alle investiven Mittel, besonders für den Schulbau, umgehend in Aufträge umgesetzt werden. Die FDP Fraktion steht zu dieser Verantwortung und stimmt dem Etatentwurf zu.
FWG
Das Jahr 2008 geht zu Ende und war zunächst geprägt von rasant aufsteigenden Konjunkturdaten, die in der Tat die Hoffnung nährten, dass auch die kommunalen Finanzen sich in dieser Hochphase erholen könnten. Aber es kam ganz anders. Die Gier der Menschen nach immer mehr zeigte uns sehr rasch die Grenzen unserer Finanzsysteme. Fehlentscheidungen und das Spiel mit nicht vorhandenem Geld führten uns in eine in der neueren Zeit noch nie da gewesenen Finanz- und hoffentlich nicht noch Wirtschaftskrise. Die Prognosen für 2009 sind da eher düster. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen müssen wir uns auf das wirklich Wichtige und Wesentliche konzentrieren. Die Bildung unserer Kinder ist hier ganz vorne zu nennen. Die Verbesserung des Zustandes unserer Schulen ist es uns wert, unser letztes Eigenkapital, die RWE-Aktien hierfür einzusetzen. Wir stehen für ein Schulsystem mit ortsnaher Versorgung der Schüler. Bei allen Versuchen dass der Landkreis seinen Aufgaben auch in Zukunft noch gerecht werden kann, brauchen wir eine vollkommen neue Regelung bei der Verteilung der kommunalen Finanzmittel. Die Übertragung von staatlichen Aufgaben auf die Kommunen muss auch entsprechend finanziert werden. Wir müssen damit aufhören, durch ständiges höher schrauben der Umlagen, unsere Gemeinden zu erwürgen. Einsparungen durch Synergien in den Verwaltungsstrukturen sind dringend erforderlich. Wir fordern mutige und weit blickende Entscheidungen zur kommunalen Gebietsreform. Das Jahr 2009 erfordert von uns allen Solidarität im Miteinander, gegenseitige Hilfen und den Mut uns mit aller Macht der drohenden Krise entgegen zu stemmen.
Bündnis 90/Die Grünen
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, wo soll das alles enden? Jeden Tag kommen zu den schlechten Nachrichten von gestern neue schlechte Nachrichten dazu. Dies betrifft auch den Haushalt des Landkreises: es gibt mehr Schulden als jemals! zuvor. Das Eigenkapital schwindet dahin. Es wird in fünf Jahren vollständig aufgebraucht sein. Für eine Privatfirma ist dies ein Grund zur Insolvenz. Da macht es schon fassungslos, dass die Mehrheit des Kreistages plant, Jagdpächtern 60000 Euro zu zahlen, damit diese ihren Aufgaben nachkommen und Frischlinge schießen. Das ist nicht viel Geld im Vergleich zu den Millionen an Schulden – doch „Kleinvieh macht auch Mist“ und „Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert“. Wir wollen eine Konsolidierung der Finanzen des Landkreises! Wir wollen, dass der Landkreis in 10 Jahren nur noch soviel ausgibt, wie er auch einnimmt. Dieser Antrag wurde an den Kreisausschuss verwiesen – immerhin. Wir haben konkrete Punkte benannt, was getan werden kann. Wir nennen hier nur ein Ziel: Überführung der Kreismusikschule in eine Stiftung, damit deren wichtige Aufgabe auch mit privatem Kapital bewältigt werden kann. Weitere Informationen finden Sie auf www.gruene-bernkastel-wittlich.de. Es kann gut enden. Falls richtig entschieden wird. In 2009 haben Sie die Wahl. Bitte nutzen Sie ihre Chance.
VBB
Wir leben in einer Zeit der Finanzkrisen und der Finanzskandale. Auch der Kreis Bernkastel-Wittlich ist in einer Krise, der Haushalt 2009 ein Skandal. Die Kreisverwaltung hat ein umfangreiches und sorgfältig ausgearbeitetes Werk vorgelegt. Aber das Ergebnis ist deprimierend: Die Schulden steigen unaufhörlich – um 6 ½ Mio. Euro auf jetzt 57 Mio. Euro – beides ein trauriger Rekord. Einziger erkennbarer „Lösungsansatz“: Sukzessive Erhöhung der Kreisumlage um insgesamt 5 % in den nächsten Jahren! Das ist Kapitulation vor den Rahmenbedingungen und Selbstbedienung auf Kosten der Gemeinden. Wenn die Finanzausstattung des Kreises so ist, dass die Einnahmen nicht einmal zur Deckung der Pflichtaufgaben, geschweige denn zu eigenem Gestalten reichen, handelt das Land eindeutig verfassungswidrig. Da hilft nur eine Verfassungsklage des Landkreises. Wenn die Kommunen nicht mehr handlungsfähig sind, ist dieses Land ein außenpolitischer Riese, der innenpolitisch auf tönernen Füßen steht. Und das Land würde besser seinen Kommunen die Mittel zum Erhalt der Kreis- und Ortsstraßen zur Verfügung stellen, als umweltzerstörende Neubauten von Bundesstraßen vor- und mitzufinanzieren. Das Geld ist da, es wird nur falsch ausgegeben! Die VBB wünscht allen im neuen Jahr den Mut zu den notwendigen grundsätzlichen Entscheidungen!