Künstlerleben zwischen Zitzengummis und Bauchgefühl
Wenn ein Künstler sich auf sein Bauchgefühl verlässt, sollte er sein Metier auch handwerklich beherrschen. Denn das Wort „Kunst“ stammt nicht umsonst vom Wort „Können“. Dass die Wittlicher Malerin Martina Gregory-Graefe eine Künstlerin ist, zeigen eindrücklich ihre Werke. Ihre Aquarelle und Acrylbilder zeugen von großem, fachlichem Können. Dabei malt sie nach eigenem Bekunden „aus dem Bauch heraus“. Vom 1. Oktober bis 6. November zeigt sie ihre Werke unter dem Titel „MenschenSKinder“ in der Reihe „Kultur im Kreishaus“ in der Wittlicher Kreisverwaltung.
Ob es ihre Kreativität war, welche die zweijährige Martina dazu brachte, die Tapeten der elterlichen Wohnung im westfälischen Oelde zu bemalen; sie weiß es nicht. Fest steht jedoch, dass die Kunst früh eine wichtige Rolle in ihrem Leben spielte. „Schon im Kindergarten und in der Schule haben mir die Lehrer geraten, mein Talent zum Malen auszubauen“, erinnert sich Martina Gregory-Gräfe. Anregung bekam sie dabei auch von ihrem Vater, selbst ein passionierter Maler. Nach der Schulzeit machte sie eine Ausbildung zur technischen Zeichnerin. Für Kreativität blieb ihr in diesem Beruf jedoch nicht allzu viel Raum. Bei einem großen Hersteller für landtechnische Geräte ging es eher um das technisch exakte Zeichnen von Zitzengummis für Melkmaschinen. Hierüber kann die Künstlerin heute nur noch schmunzeln.
Zum Ausgleich von Zitzengummis und Melkmaschinen belegte sie in ihrem damaligen Wohnort Gütersloh mehrere Mal- und Zeichenkurse. Studienaufenthalte bei Künstlern in der Provence, auf Mallorca und Lanzarote, in Dänemark, New York und London und ihre Weiterbildung in verschiedenen Techniken begleiten ihre Experimentierfreude und den Drang, sich künstlerisch auszudrücken. Schon ihre Aquarelle sind im Farbauftrag sehr dicht und zeigen das besondere Gespür der Künstlerin für harmonische und doch spannende Farbzusammenstellungen. Ein Stil, den Martina Gregory-Graefe auch beim späteren Wechsel zur Acrylmalerei beibehalten hat.
Im Jahr 1993 zog sie mit ihrer Familie von Nordrhein-Westfalen nach Wittlich. Hier verfeinerte sie ihre Kunstfertigkeit und ihre Techniken im Aquarell-Malen, gab selbst Kurse in der Wittlicher Malschule und stellte im Jahr 2003 auch erstmals ihre Werke aus. Die Ausstellung in der Kreisverwaltung in Wittlich brachte der Künstlerin viel Lob und Anerkennung ein. „Ihre Aquarelle haben eine ganz besondere, sehr lebendige und anziehende Farbwirkung: Fließende Farben mit weichen Übergängen und transparenten Überlagerungen. Alle ihre Bilder sind beeindruckende Dokumente ihrer Persönlichkeit“, lobte damals Landrätin Beate Läsch-Weber die Werke. Doch für Martina Gregory-Graefe waren Lob und Anerkennung kein Ruhekissen, sondern Ansporn, sich künstlerisch weiterzuentwickeln. Darum wendet sie sich ab 2006 verstärkt der Acrylmalerei zu.
„Ich hatte das Bedürfnis spontaner zu arbeiten. Bei Aquarellen musste ich stets viel überlegen und jeden Pinselstrich im Vorfeld planen. Acrylfarben können vielschichtiger aufgetragen werden, so dass sich das Bild während des Malprozesses entwickeln kann. Außerdem genieße ich den längeren Malvorgang“, begründet die Künstlerin ihren Wechsel. Gleichzeitig gab es einen „Ausflug“ von der realistischen Malerei hin zu abstrakten Motiven. Doch inzwischen ist sie wieder in der gegenständlichen Malerei angekommen und malt Portraits, die sie in spannenden Collagen mit abstrakten Mustern kombiniert. „Ich habe irgendwann einfach festgestellt, dass ich das gut kann. Ein Gesicht ist für mich eine Art Landschaft. Da muss ich nicht viel drüber nachdenken, der Gesichtsausdruck entsteht einfach während des Malens“, erzählt sie. Zahlreiche dunkelhäutige Menschen hat sie in den vergangenen Jahren gemalt, zur Zeit sind es vor allem Kinder. Mit ausdruckstarken Gesichtern blicken sie von den Leinwänden und erzählen mit ihren Minen Lebensgeschichten. Dabei rutschen die Motive nie in Kitsch oder Sozialklischee ab. Die Porträtierten zeigen Haltung und Würde.
Ein konstantes künstlerisches Thema verfolgt Gregory-Graefe jedoch nicht. Auch hier ist es wieder ihr Bauchgefühl, das sie zu den Motiven hinführt. „Ich male einfach“ lautet verbunden mit einem Achselzucken die Antwort nach dem Warum. Und diese Antwort der Künstlerin reicht aus – die Werke sprechen für sich.
Zur Eröffnung der Ausstellung im Wittlicher Kreishaus am Donnerstag, dem 1. Oktober um 18 Uhr sind alle Kunstinteressierten herzlich eingeladen. Zu sehen ist die Ausstellung im Kreishaus bis zum 6. November montags bis donnerstags von 7.00 Uhr bis 18.00 Uhr und freitags von 7.00 bis 15.00 Uhr.