Landkreis investiert in Familien, Bildung und Arbeitsplätze
„Der Mensch ist das Maß aller Dinge! Deshalb investiert der Landkreis Bernkastel-Wittlich in Familien, in Bildung und Erziehung und in Arbeitsplätze“. Mit diesen Worten stellte Landrätin Beate Läsch-Weber dem Kreistag des Landkreises Bernkastel-Wittlich in seiner letzten Sitzung des Jahres 2006 den Produkthaushalt 2007 des Landkreises Bernkastel-Wittlich vor. Er fand bei zwei Nein-Stimmen die Zustimmung der großen Mehrheit des Kreistages.
Der Haushalt ist erstmals auf Grundlage der doppelten kaufmännischen Buchführung aufgestellt worden. Damit übernimmt der Landkreis Bernkastel-Wittlich als einer von fünf Landkreisen eine Vorreiterrolle in Rheinland-Pfalz. Die Doppik, so Landrätin Läsch-Weber, werde zwar nicht die strukturelle Finanznot der kommunalen Gebietskörperschaften beseitigen. Mit ihr lasse sich jedoch auf der Grundlage des Resourcenverbrauchsprinzips verdeutlichen, welche Vermögenswerte und welche Verbindlichkeiten vorhanden seien.
Die Landrätin machte deutlich, dass sich die rheinland-pfälzischen Kreise nach wie vor in einer sehr schwierigen Haushaltssituation befänden. Sowohl in diesem als auch im kommenden Haushaltsjahr würden voraussichtlich nur drei der 24 rheinland-pfälzischen Landkreise ihren Haushalt ausgleichen können. Besorgniserregend sei darüber hinaus, dass in den Kreishaushalten inzwischen über 70 Prozent der Einnahmen durch die Bereiche Soziales, Jugendhilfe und Eingliederungshilfe gebunden seien. Nur 83,7 Prozent der Aufwendungen des Landkreises in den bürgerunmittelbaren Bereichen Jugend und Familie sowie Soziales würden durch das Kreisumlageaufkommen gedeckt.
Die nicht zweckgebundenen Einnahmen des Landkreises werden zwar in 2007 mit 49,1 Mio. Euro um 3,6 Mio. Euro über denen des Vorjahres liegen. Das ist insbesondere auf die Kreisumlage zurückzuführen, bei der wegen der gestiegenen gemeindlichen Steuerkraft trotz unverändertem Kreisumlagesatz von 37,5 Prozentpunkten in 2007 Mehreinnahmen von ca. 4,3 Mio. € erwartet werden. Den Einnahmen stehen jedoch die enormen Ausgaben in den Bereichen Jugend und Familie, Soziale Hilfen sowie Eingliederungshilfe gegenüber, die mit insgesamt 78 Mio. Euro zu Buche schlagen, und von denen der Landkreis 37,7 Mio. Euro selbst tragen muss.
Die Investitionsbudgets 2007 des Landkreises haben ein Gesamtvolumen von rd. 10 Mio. Euro und liegen damit um 1,4 Mio. Euro über denen des Vorjahres. Die Landrätin bedauerte sehr, dass jeder Landkreis-Euro für eine Investition über Kredite finanziert werde müsse. Das vorgesehene Investitionsvolumen führe nach Abzug der Zuwendungen zu einer Netto-Neuverschuldung von 6,6 Mio. Euro. Der Schuldenstand des Landkreises wird damit zum 31. Dezember 2007 bei 48,27 Mio. Euro liegen.
Dennoch, so die Landrätin, wolle der Landkreis mit den Investitionen 2007 entscheidende wirtschaftliche Impulse, insbesondere in den Bereichen Schulen und Kultur, kommunaler Straßenbau, Kindertagestätten, Sportförderung, Förderung von Jugendräumen, und für den Neubau von Rettungswachen setzen.
Der Bereich Kinder, Jugend und Familie bleibe auch 2007 der Handlungsschwerpunkt des Landkreises mit höchster Priorität. „Kinder sind unsere Zukunft, die Familien sind dafür die Basis“, deshalb, so die Landrätin, investiere der Landkreis allein in diesem Bereich insgesamt 44 Mio. Euro, mit einem Netto-Zuschussbudget des Landkreises in Höhe von 26, 2 Mio. Euro. Hinzu kommen bauliche Investitionen in einer Größenordnung von 5,7 Mio. Euro. „Wir werden gemeinsam unseren Anspruch eines kinder- und familienfreundlichen Landkreises konsequent und nachhaltig weiterentwickeln“, machte die Landrätin in ihrer Haushaltsrede deutlich.
Darüber hinaus wird der Landkreis auch in 2007 einen erheblichen eigenen Beitrag zur Förderung der mittelständischen Wirtschaft leisten. Die kleinen und mittleren Unternehmen sind für Landrätin Beate Läsch-Weber die wichtigsten Träger der wirtschaftlichen Entwicklung und damit Motor für soziale Stabilität im Landkreis. Deshalb werde der Landkreis auch seinen bereits eingeschlagenen Weg des bedarfsgerechten Ausbaus der Kreisstraßen konsequent fortsetzen.
Landrätin Läsch-Weber bedauerte sehr, dass der Schuldenstand des Landkreises nach Jahren der Rückführung in den letzten Jahren wieder angestiegen sei. Ende 2007 liege er mit 48,3 Mio. Euro etwa auf dem Niveau des Jahres 1993. Grund dafür sei, dass der Landkreis trotz angespannter Haushaltssituation in den vergangenen Jahren ein beachtliches Investitionsprogramm gefahren habe, um Arbeitsplätze im Landkreis zu sicheren und neue zu schaffen. Für Landrätin Beate Läsch-Weber war und ist dies der einzig richtige Weg, um den Landkreis Bernkastel-Wittlich zukunftsfähig zu machen und die Voraussetzungen zu schaffen für Arbeitsplätze und Lebensqualität.
Stellungnahmen der Fraktionen des Kreistages zum Haushalt 2007
CDU
Die wirtschaftliche Entwicklung im Landkreis Bernkastel-Wittlich ist Spitze im Vergleich aller Landkreise in Rheinland-Pfalz. Dies belegt die niedrigste Arbeitslosenquote von 4,7%. Mitentscheidend für diese nachhaltig positive Entwicklung sind die guten Rahmenbedingungen, wie sie in unserem Landkreis durch die richtigen Investitionsschwerpunkte in vielen Jahren geschaffen wurden. Der Haushalt 2007 weist einen operativen Fehlbetrag von 2,3 Mio. € aus. Dies obwohl wir bei unverändertem Kreisumlagesatz von 37,5% Mehreinnahmen von rd. 4,3 Mio. € aus der Kreisumlage für 2007 erwarten können. Gegenüber 2006 ist zwar eine Halbierung des operativen Fehlbedarfes von 4,6 Mio. € festzustellen, doch die deutliche Steigerung des Zuschussbedarfs im Sozialhaushalt, lässt einen Haushaltsausgleich nicht zu. Bedenklich hieran ist, dass der Sozialhaushalt rd. 70% aller Aufwendungen des Ergebnishaushaltes des Landkreises umfasst, das sind immerhin fast 80 Mio. €. Dem Landkreis fehlt die angemessene Finanzausstattung für die ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben. Die Kassenkredite steigen, die Kosten für Zins- und Tilgungsleistungen nehmen zu. Der Landkreis erwirtschaftet keine Überschüsse um damit Investitionen tätigen zu können. Das neue doppische Haushaltsrecht offenbart, das wir rd. 4,9 Mio. € an Abschreibungen aufbringen müssen und damit einen Werteverzehr am Vermögen des Landkreises hinnehmen müssen. Trotz des operativen Fehlbetrages von 2,3 Mio. € im Ergebnishaushalt werden auch in 2007 rund 10 Mio. € investiert. Die CDU steht auch in Zukunft zu Investitionen, die der weiteren Entwicklung des Landkreises dienen.
SPD
Vor 60 Jahren wählten die Bürgerinnen und Bürger erstmals nach dem 2. Weltkrieg demokratisch Kreistage. 60 Jahre nach der NS-Diktatur verherrlichen Menschen wieder die NS Zeit, leugnen die Untaten. Der NPD Landesparteitag war nun im Kreis. Ihre menschenverletzenden Parolen halten sie teils zurück, grenzen aber offen Menschen aus wegen Behinderung oder ihrer Herkunft. Ich erwähne dies beim Haushalt bewusst, denn Rechtsextreme kommen zunehmend in Kreistage. Sie treten als Kümmerer auf und haben da Erfolg, wo sie sich als Wölfe im Schafspelz um Jugendliche, junge Erwachsene kümmern. Wir wollen hier im Kreis keine rechts-extremen Kümmerer. Kümmern wir uns selbst! Strengen wir uns an, damit jeder in Würde leben kann, Chancen und Perspektiven hat. Unser Kreistag - das machen wir durch den Haushalt deutlich - kümmert sich um Kinder, um Jugendliche, junge Menschen ohne Ausbildung, um Schaffung von Arbeitsplätzen, um Gemeinschaften und Vereine, um Arbeitslose und Ältere, die in Armut oder an der Grenze dazu leben. Wir haben den Auftrag zu gestalten, bei allen Problemen der Finanzierung, ja auch bei Aufnahme von Krediten. Der neue Schuldenstand liegt noch unter dem Schuldenrekord von 1993. Beim Eckwertebeschluss enthielt sich die SPD noch wegen des veranschlagten Schuldenrekords. Dem Haushalt stimmen wir nun zu, da es ein Haushalt ist mit Vernunft und auch mit dem Herz, Probleme anzugehen. Die SPD dankt den Verantwortlichen und wünscht allen einen guten Start 2007 im schönen Kreis in Eifel, an der Mosel und im Hunsrück.
FDP
"Große Koalitionen“ gleich „große Leistungen“? Die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar belastet den Kreishaushalt mit 800.000 €! Diese größte Steuererhöhung in der Geschichte Deutschlands belastet gleichermaßen private wie öffentliche Haushalte. Zusätzliche Einnahmen der Kreisumlage aus der sprudelnden Gewerbesteuer gehen deshalb zu 1/3 wieder „verloren“. Das Defizit in Höhe von 2,3 Mio € (ohne Abschreibungen) kann wie schon in den vergangenen Jahren nicht ausgeglichen werden. Der Haushalt ist ausgepresst wie eine Zitrone. Die gesetzlich vorgegebenen Aufgaben wachsen mit einer Dynamik, die einen neuen Finanzrahmen für den Landkreis erfordern. Bildung, Ausbildung und Wirtschaft fördernde Investitionen sind für die FDP-Fraktion vordringliche Politikansätze des Landkreises. Die Kindergärten wachsen in die Rolle einer verpflichtenden Vorschule. Elternentlastung hier ist wichtiger als der Luxus eines gebührenfreien Studiums. Die Wirtschaft unserer Region hat ihr Versprechen für mehr Ausbildungsplätze eingehalten. Seit Jahren steigen die Ausbildungsverträge; 20% der gewerblichen Lehrstellen werden in der Gastronomie geschaffen. Problemgruppen finden über Nachvermittlungen sowie das Überbetriebliche Ausbildungs-Zentrum (ÜAZ) eine Chance. Mit knapp 5% Arbeitslosigkeit steht der Landkreis gut da. Das 10 Mio. € Investitionsbudget fließt in die kreiseigenen Schulen samt Sportstätten, den Kreis-Straßenbau und den Tourismus. Der Landkreis ist hier seit Jahren auf dem richtigen Weg. Das findet die Zustimmung der FDP-Fraktion.
FWG
Die FWG bemängelt, dass defizitäre Haushalte die Regel geworden sind. Auch in diesem Jahr ist der Landkreis gezwungen eine Nettoneuverschuldung einzugehen. Alle vorgesehenen notwendigen Investitionen müssen durch Kassenkredite finanziert werden. Hauptverantwortlich hierfür ist der Sozialhaushalt. Hier muss Ursachenforschung betrieben werden. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang die Erstellung eines Gutachtens, wie man Verbesserungen erreichen kann. Es wurde im Sinne unserer Resolution gehandelt und Kindertagesstätten ab 2008 für alle Kinder beitragsfrei gestellt. Nach wie vor fordern wir die kostenfreie Beförderung aller Schüler bis Klasse 9. Es darf keine Benachteiligung der Familien erfolgen, die nur in der Wahl des Schultyps begründet ist. Erfreulich ist, dass bei den geplanten Investitionen die Schulen ganz vorne angesiedelt sind. Den kulturellen Bildungsauftrag der Kreismusikschule in der jetzigen Form halten wir für unabdingbar. Die FWG steht nach wie vor positiv dem Thema B 50 neu mit Hochmoselübergang und dem weiteren Ausbau des Flugplatzes Hahn gegenüber. Weiter fordern wir die Wiederherstellung der B 327 - Hunsrückhöhenstraße. Diese Straße hat sich als Lebensader des Hunsrücks erwiesen, ohne die die beachtliche Entwicklung der Region nicht denkbar gewesen wäre. Auf dem Weg der Müllentsorgung befinden wir uns auf einem guten Weg. Wir hoffen, dass die Gebühren konstant gehalten werden. Abschließend fordern wir die dringend notwenige Verwaltungsreform, die schon mehrere Jahre zur Diskussion steht.
B90/Die Grünen
330.000 € - diese Zahl stand im Mittelpunkt unserer Haushaltsberatungen. Es sind die Zinsen, die der Landkreis im Jahre 2007 voraussichtlich aufbringen muss, um zahlungsfähig zu bleiben. Wir wollten geklärt haben, ob der Landkreis aus der einen oder anderen Beteiligung oder Mitgliedschaft aussteigen könnte - um Geld zu sparen. Dem hat die große Koalition hier vor Ort allerdings nicht zugestimmt. Mit der großen Mehrheit der Stimmen abgelehnt wurde auch eine Initiative der VBB, die wir durchaus interessant fanden. Es ging darum, sich auch mit juristischen Mitteln gegen Aufgabenübertragungen zu wehren, ohne dass den Kreisen die entsprechenden Finanzmittel zur Verfügung stehen. Wir wissen, dass Kommunen in anderen Bundesländern mit solchen Klagen durchaus erfolgreich waren. Die große Koalition im Kreis Bernkastel-Wittlich wollte dagegen die Verwaltung noch nicht einmal beauftragen, ein solches Anliegen juristisch zu überprüfen. Merkwürdig inkonsequent finden wir das. Vom Standpunkt unserer Kinder aus betrachtet müssen die Planungskosten für die Schulsporthallen in Traben-Trarbach und Wittlich ebenso wie weitere notwendige Investitionen in Schulen und Kindertagesstätten jetzt finanziert werden, auch wenn das Geld von der Sparkasse kommt. Das ändert nichts daran, dass auch die Kreispolitik jeden Cent und jeden Euro mindestens einmal umdrehen muss, bevor er ausgegeben wird. Dem sehen wir uns auch im neuen Jahr verpflichtet. Wir wünschen Ihnen Glück, Gesundheit und gutes Gelingen in 2007.
VBB
„Der liebe Gott hat uns die Nüsse geschenkt, knacken müssen wir sie selber.“ Diese Logik, zitiert von Fernsehkommissar Ehrlicher jüngst im Tatort, gilt auch für uns: Der Landtag von Rheinland-Pfalz hat uns in der Verfassung das Konnexitätsprinzip geschenkt - wer bestellt, bezahlt. Einklagen müssen wir es selber. Der Kreis trägt zwar auch selbst mit hausgemachten zweifelhaften Ausgabeposten zur Finanzmisere bei, wie der Mitfinanzierung des Flughafens Bitburg. Den Großteil allerdings bilden übertragene Aufgaben. Ausgaben im sozialen Bereich, auch infolge von Hartz IV und Agenda 2010, drücken uns schon länger. Drastisch treffen uns ganz aktuell zusätzliche Ausgaben bei der uns vom Land auferlegten Pflicht, beim Haushalt die „Doppik“ (doppelte Buchführung) anzuwenden, was das Land interessanterweise selbst nicht tut. Uns beschert das hohe zusätzliche personelle und Softwareaufwendungen. Hinzu kommt, dass mit der sogenannten Bewertung von im Grunde unveräußerlichem Anlagevermögen wie Schulen, Straßen usw. die Versuchung geschaffen wird für neue Kreditaufnahmen und damit eine noch weiter steigende Verschuldung. Das Konnexitätsprinzip muss wirksam eingefordert werden. Wenn es schon in Jahren mit guter Konjunktur und 4,3 Mio. mehr an Kreisumlage nicht gelingt, die Schulden abzubauen, sondern diese exorbitant ansteigen, dann muss es einem um die Zukunft Angst und Bange werden. Handeln wir also.