Vertrauliche Spurensicherung nach Sexualstraftat
Ein Tabu-Thema im Fokus der Öffentlichkeit: Gewalt in engen sozialen Beziehungen und das Angebot der vertraulichen Spurensicherung im Verbundkrankenhaus Wittlich.
Rund 100 interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer suchten Antwort auf die Frage, warum Menschen sich nach Gewalterfahrungen nicht offenbaren können und immer wieder zu ihren gewalttätigen Partnern zurückgehen. Rita Steffes-enn, Kriminologin und ausgewiesene Expertin zu diesem Thema, beleuchtete in ihrem Vortrag das Thema Paardynamik und das Trennungsverhalten in den unterschiedlichen Formen und welche Bedeutung Bindung in diesem Kontext für den sich hieraus entwickelnden Zyklus der Gewalt hat. Die verschiedenen Perspektiven des Opfers und des Täters und der Tathergang eröffnen eine Ahnung, wie es zu Täterloyalität und Verleugnen der Tat durch das Opfer kommen kann. Der Abhängigkeit in den unterschiedlichsten Formen innerhalb der Familie folgt – quasi als logische Konsequenz – die Geheimhaltung über das Gewaltgeschehen. Wird die Gewalt bekannt, nimmt man die „Gewalt“ aus dem System Familie, so gerät das ganze „Familienmobile“ durcheinander. Es bleibt nichts wie es war, alles ist in Bewegung – auch die Dinge, die richtig gut waren, sind in höchster Gefahr. Daraus ergeben sich für das Opfer viele gute Gründe, die Gewalt zu leugnen oder zu schweigen.
Eine tabellarische Zusammenstellung über die „Angenommenen Aufdeckungskatastrophen“ der Referentin kann hier eingesehen werden. Ein Verständnis dieser Zusammenhänge erleichtert den angemessen Umgang mit Opfern und ihren individuell unterschiedlichen persönlichen Situationen. Polizei und Beratungsstellen, Krankenhausbedienstete, Ärztinnen und Ärzte, sie alle können Betroffenen nur helfen, wenn sie immer wieder das Signal senden: Sie können immer wieder kommen! – So das Credo von Rita Steffes-enn, die gleichzeitig das Angebot der „Vertraulichen Spurensicherung nach Sexualdelikt“ des Verbundkrankenhauses in Wittlich in diesem Kontext als eine wertvolle Ergänzung im Hilfesystem rund um Gewalt in engen sozialen Beziehungen würdigte.