Gerichtliche Verfahren
Familiengerichtshilfe
Am 1. Juli 1998 traten die Neuregelungen des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechtes in Kraft. Die Bedeutung der Reform besteht vor allem in der Beseitigung von rechtlichen Unterschieden zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern. Dies wird zum Beispiel auch innerhalb des Umgangsrechtes deutlich, das sowohl für geschiedene Eltern gilt als auch für Eltern, die nie miteinander verheiratet waren. So haben nach dem KJHG ein Recht auf Umgang
- das Kind,
- jeder Elternteil,
- die Großeltern des Kindes,
- die Geschwister des Kindes,
- der Ehegatte oder frühere Ehegatte eines Elternteils, der mit dem Kind zusammengewohnt hat (Stiefeltern),
- die Personen, bei den das Kind längere Zeit in Familienpflege war (Pflegeeltern).
Das Gesetz gibt Kindern ohne weitere Voraussetzung ein Recht auf Umgang mit jedem Elternteil. Auch jeder Elternteil hat ein Recht auf Umgang mit seinem Kind.
Da das Gesetz keine Regelungen über die Ausgestaltung des Umgangs im Einzelnen trifft, ist oftmals eine längere Beratung und Betreuung durch das Jugendamt oder auch durch andere Beratungsstellen nötig, um ein einvernehmliches Konzept zur Wahrnehmung des Umgangsrechtes zu entwickeln. Sollte dies nicht mit Hilfe des Jugendamtes oder einer Beratungsstelle möglich sein, wird das Familiengericht eine entsprechende Entscheidung treffen müssen. Dies geschieht auf Antrag eines Elternteils.
Sind Eltern gemeinsam Inhaber der Sorge (z.B. durch Heirat oder Abgabe einer Sorgeerklärung beim Jugendamt) und trennen sie sich, so besteht die gemeinsame Sorge fort, gleichgültig ob sie verheiratet sind oder nicht. Auch bei einer Scheidung wird also nur dann über die elterliche Sorge entschieden, wenn ein Elternteil dies beantragt. Die gemeinsame elterliche Sorge dient jedoch dem Wohl des Kindes am besten, wenn sie funktioniert, das heißt, wenn die Eltern dazu in der Lage sind, ihre Konflikte, die sie als Paar austragen, von ihrer Elternschaft zu trennen. Wenn die Eltern zur Kooperation bereit und fähig sind
Jugendgerichtshilfe
Die Jugendgerichtshilfe des Jugendamtes ist an allen Strafverfahren gegen Jugendliche (14-18 Jahre) und Heranwachsenden (18-21 Jahre) beteiligt. Das Jugendamt arbeitet in Strafsachen eng mit Polizei, Staatsanwaltschaft, Gerichten und Bewährungshilfe zusammen.
Die Jugendgerichtshilfe begleitet Jugendliche während des ganzen Strafverfahrens. Bei Bagatelldelikten hat die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit, das Verfahren ohne Gerichtsverhandlung einzustellen (Diversion). Das Jugendamt muss dazu Stellung nehmen. In der Regel wird ein erzieherisches Gespräch, bei Jugendlichen im Beisein der Eltern, geführt. Ziel aller Maßnahmen nach dem Jugendstrafrecht ist es, weitere Straftaten zu verhindern. Das Jugendamt kann dem Jugendlichen nach Ermessen auch eine Auflage erteilen (z.B. soziale Arbeit) , bevor die Einstellung des Verfahrens befürwortet wird.
Falls es zu einer Anklage mit Hauptverhandlung kommt, hat das Jugendamt die Aufgabe, die Persönlichkeit des Beschuldigten zu erforschen und in einem Bericht darzustellen, damit der Richter die Möglichkeit hat, ein ausgewogenes Urteil zu fällen. Im Jugendgerichtshilfebericht macht der Soziale Dienst des Jugendamts auch einen Vorschlag, welche Maßnahmen aus pädagogischer Sicht sinnvoll erscheinen. Diese reichen von Arbeitsauflagen, Sozialen Trainingskursen über den Täter-Opfer-Ausgleich, Jugendarrest und Geldstrafen bis zu Haftstrafen. Es ist wichtig, eine Straffolge zu finden, die den Jugendlichen von weiteren Taten abhält. Im Jugendamt wird bei dieser Gelegenheit auch Hilfe und Unterstützung angeboten, wenn Probleme des Jugendlichen deutlich werden.
In der Hauptverhandlung wird die Jugendgerichtshilfe gehört und um Stellungnahme gebeten. Nach der Verhandlung kann das Jugendamt zum Beispiel die Aufgabe haben, dem Jugendlichen eine Einsatzstelle für die Ableistung von Sozialstunden zuzuweisen und diese auch zu kontrollieren.